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Handwerk ist uncool? – Im Gegenteil

Richard Betz mit Thomas Loibl, Zimmerer der Innung Landshut, und begeisterten Schülern (v.l.n.r.).

Zimmerer Richard Betz erzählt in seinem Bühnenstück von ungewöhnlichem Weg und will damit Schüler für den Beruf des Zimmerers begeistern.

„Warum haben Sie so komische Klamotten an?“, lautet eine der Fragen der Schüler an Zimmerer Richard Betz. Was der alles macht, ist ziemlich ungewöhnlich: vom heimischen Bauernhof nach Marokko, vom Architekten zum Zimmerer und als Handwerker ist er mit einem Theater an Schulen unterwegs. Das Einzige, das nicht ungewöhnlich für einen Zimmerer ist, ist seine Kluft, antwortet er den Schülern an der Grund- und Mittelschule Pfeffenhausen: Es hat Tradition.

An einem Gymnasium wurde er mal gebeten, statt Schlaghose und Cordweste eine Arbeiterlatzhose zu tragen, um „moderner auszusehen“. Da musste Betz den Herrschaften erst einmal verklickern, dass Zimmerer auf ihre Kluft mächtig stolz sind. Ursprünglich kommen die Schlaghosen von den Schiffs-Zimmerern, „wenn das Wasser kam, konnten sie Blitzschnell die Hosen hochziehen“, erzählt Betz. Zudem hält das Traditions-Gewand viel aus. Mancher Zimmerer ist nach der Lehre damit auf der Walz und für jeden sofort erkennbar.

 

Ein Architektur-Student zu Pferd in Marokko

Richard Betzs Tour durch die Welt begann aber noch vor seiner Lehre, zu der er erst über einige Umwege kam. Seine Eltern waren Bauern, auch sein Großvater und dessen Vater, erzählte er den Kindern. Er selbst wusste nicht, was er werden wollte – damals gab es noch keine Berufsorientierung oder Praktika –, nur eines nicht: Landwirt.

Deshalb machte er erstmal den Zivi, arbeitete in einer Jugendherberge mit Pferden. Er kam mit den Kindern und Jugendlichen gut klar. Doch etwas Soziales studieren ging nicht, er hatte Fachabitur Technik. Er entschied sich für Architektur. Doch vom Beruf wusste er gar nichts. Ein Fehler, und doch auch nicht, wie er am Ende seiner Erzählungen meinte. Das Studium unterbrach er schließlich, ging ins Ausland: Frankreich, Spanien, Marokko. Dort begleitete er Touristen auf Abenteuerreisen mit Pferden. Die Arbeit machte ihm Spaß, er brauchte nicht viel Geld. Doch eines brauchte er, wie sich zeigte. Die Heimat. Er kam zurück nach Deutschland. Dort kaufte er sich eine Bruchbude, die er inzwischen mit eigenen Händen in ein Traumhaus umgebaut hat. Dabei half ihm schließlich eins: Der Einstieg ins Handwerk. Und er war fasziniert von den Zimmererkollegen: „Die können alles.“ Betz war hellauf begeistert, und auf der Baustelle, wegen seines Wissens aus der Theorie, hoch willkommen.

Nun versucht er, die Schüler fürs Handwerk zu begeistern, mit dem Theaterstück, in dem er aufzeigt, wie man seinen Weg finden kann. Er erzählt seine Geschichte und baut nebenbei die „Leonardo-Brücke“ auf. Eine Brücke, die komplett ohne Nägel, allein durch Zusammenstecken hält. Zwischendrin packt er die Säge aus, damit es auch ein wenig Action gibt. Die Brücke fügt er zusammen, wie auch seine Lebensabschnitte schließlich Stück für Stück seinen Werdegang ergeben und am Ende, trotz der vermeintlich falschen Entscheidungen, doch zur richtigen geführt haben.

 

Mit Vorurteilen aufgeräumt

„Es gibt eigentlich gar keine falsche Entscheidung. Falsch wäre nur, sich gar nicht für etwas zu entscheiden“, gab er den Kindern mit. Außerdem räumt er mit zahlreichen Vorurteilen auf wie „Handwerker sind dumm“, „Studieren ist mehr Wert als eine Handwerkerlehre“ oder „Frauen taugen nicht fürs Handwerk“. Er hat bereits Dutzende Azubis ausgebildet. Darunter war vor ein paar Jahren auch die Beste in seinem Innungsbezirk, „Die Emma war der beste Azubi, den ich jemals hatte“, erzählt er. Und die Handwerker werden gefühlt noch mit „einer goldenen Kutsche“ zur Baustelle gebracht, denn sie sind unendlich heiß begehrt. Das berichtete auch Rektorin Gabriele Lechner. Ihr rennen auch die Betriebe die Bude ein. Jede Woche erreichen sie neue Anschreiben von Betrieben, die geeignete Azubis suchen, teils auch von Regensburg und Ingolstadt. „Ich könnte eine Agentur für Arbeit aufmachen“, scherzt sie. Doch völlig ernsthaft rät sie: Nicht jeder müsse studieren, das sei es, was die Eltern oft wollen. Im Handwerk könne man ebenso gut verdienen, und habe am Ende auch noch selbst etwas geschaffen.

 

Text: Stefanie Wieser (Landshuter Zeitung/Rottenburger Anzeige am 15.02.)

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