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Ordentlich was los auf der Jahreshauptversammlung

Gut war`s (von rechts): Thomas Ingerl, Anton Lackermeier, Günter Schubert, Wolfgang Fischer, Hubert Aiwanger, Siegfried Brunnermeier, Adolf Ellwanger, Konrad Ziegler, Peter Dreier, Alfred Kuttenlochner, Marlene Schönberger und Alexander Kirst (nicht dabei: Andrea Rinner-Riedinger)


 

„Quasi nordkoreanische Verhältnisse“, merkte Adolf Ellwanger nach seiner einstimmigen Wiederwahl zum Obermeister der Zimmerer-Innung Landshut mit einem verschmitzten Lächeln an. Auch seinem bisherigen Stellvertreter Konrad Ziegler und den beiden neuen Stellvertretern Wolfgang Fischer und Thomas Ingerl sprachen die Anwesenden ihr uneingeschränktes Vertrauen aus. Aber dazu erst mal der Reihe nach.

Eingangs der ordentlichen Jahreshauptversammlung begrüßte Ellwanger den Landrat von Landshut Peter Dreier. Danach standen die Regularien auf dem Programm. Anke Wimmer trug routiniert die Jahresrechnung 2021 vor. Dem schloss sich der Bericht der beiden Rechnungsprüfer Johann Lackermeier und Josef Vögl an.

Auf die Entlastung von Vorstand und Geschäftsführung folgten die turnusgemäßen Wahlen. Neu in den Vorstand aufgerückt ist Andrea Rinner-Riedinger. Mit einem großen Dankeschön in den Ruhestand verabschiedet wurde der langjährige Vorstand Alfons Ammer. In ihrem Amt bestätigt wurden Siegfried Brunnermeier und Anton Lackermeier. „Eine gute Mischung“, meinten die Innungskollegen vom Nachbartisch.

Im Anschluss referierte Hauptgeschäftsführer Alexander Kirst vom Landesinnungsverband über wichtige Termine und Themen im laufenden Jahr. Eingangs sprach er den Anwesenden seine Einladung zur Bezirksversammlung Niederbayern aus. Sie ist im Format „Biergarten“ geplant für den Nachmittag des 26. Juli 2022 in Mariakirchen. Es folgte ein Ausblick auf die Branchenleitmesse DACH+HOLZ International vom 5. bis 8. Juli 2022 in Köln und die 75 Jahre-Feier des Landesinnungsverbandes am 7. und 8. Oktober 2022 in Rosenheim.

Im Schwerpunkt seiner Ausführungen ging Kirst auf die Notwendigkeit der Workshops für Arbeitsschutz und deren Zusammenhang zum Gefahrtarif der BG BAU ein. Dem folgte ein Streifzug entlang der bautechnischen Meilensteine Brandversuche „TIMpuls“ und Bauteildatenbank „dataholz“ der Technischen Universität München, dem Sachstand zur DIN 18334 und die Entwicklung bei Qualitätssiegeln für nachhaltige Gebäude. Anschließend beschrieb er Karrierestationen im Zimmererhandwerk und berichtete über die Akzeptanz vom Vorarbeiterkurs in Pfarrkirchen und Rosenheim. Danach stellte er die Weiterbildung zum „Holzbautechniker“ in Immenstadt und Rosenheim vor. Zum Schluss seiner Ausführungen blickte er auf den derzeit in Vorbereitung befindlichen Polierkurs für Zimmerer in Bayern.

Der Vortrag von Herrn Kirst wurde durch die Vorhut des Staatsministers abgelöst. Sie checkte die Lokalität – aber was in Adlkofen könnte verdächtig sein? Schnell legte sich die Nervosität und es betrat ein sichtlich entspannter Hubert Aiwanger den Saal. Fast zeitgleich kam Marlene Schönberger hinzu. Sie ist nicht nur Mitglied im Gemeinderat und Kreistag und so mit dem Zimmererhandwerk vertraut. Darüber hinaus hat sie es über die Landesliste von Bündnis 90/Die Grünen in den Bundestag geschafft. Zusammen mit Kreishandwerksmeister Alfred Kuttenlochner stand so ein illustres Quartett den Zimmerern Rede und Antwort.

Dazu setzte Staatminister Aiwanger in seinem Grußwort die Akzente: Alltagskompetenz an allgemeinbilden Schulen, Fachkräftemangel durch alle Branchen hinweg, Materialengpässe aufgrund internationaler Verflechtungen, steigende Energiepreise und Versorgungssicherheit, Bauen im Innen- und Außenbereich, Regelungswut versus Bürokratieabbau. Zum Schluss seiner Ausführungen attestierte Aiwanger den Zimmerern „Systemrelevanz“ und rief Ihnen zu: „Ihr habt Zukunft – lasst euch nicht unterkriegen.“

 

Mit ruhiger Stimme moderierte Günter Schubert, Studienrat an der Berufsschule 1 in Landshut, die Belange der Zimmerer, die im Vorfeld vom Innungsvorstand zusammengetragen wurden. Auf diese Weise entwickelte sich auch ein kurzweiliger Gedankenaustausch innerhalb des Quartetts.

In Punkto „Energie“ wurde die Laufzeitverlängerung des benachbarten Kernkraftwerks zumindest als Option während des Ukraine-Kriegs diskutiert. In der „Öffentlichen Verwaltung“ offenbart sich der gegenwärtige Stand der Digitalisierung bei Bauanträgen noch als Wunschgedanke – zu groß sind noch die praktischen Schwierigkeiten eines durchgängigen Datenflusses.

Bayern ist Zuwanderungsland und der individuelle Bedarf an Fläche hat zugenommen. Nachverdichtungen im Innerstädtischen bringt auch Widerstände mit sich: Die Ausweitung von Frischluftschneisen und zunehmende Verschattung durch Aufstockung machen Stadtplanung nicht einfacher – im ländlichen Raum ist es die Versiegelung neuer Flächen im Wettbewerb mit Gewerbe- und Infrastrukturprojekten. Regelungswut ist auch eine Folge der Streitlust in unserer Gesellschaft. „Wer unbürokratisch handelt, der macht sich angreifbar“, weiß der Staatsminister aus eigener Erfahrung zu berichten.

Den Materialengpässen lässt sich nur teilweise durch regionale Lieferketten begegnen. Zu stark sind die Verflechtungen aufgrund von Billigproduktion im Ausland. Auch hat man sich an die niedrigen Preise gewöhnt. Lagerhaltung verlangt derzeit Vertrauen in die Marktpartner und Fingerspitzengefühl bei der Bestellmenge. Vergaberecht muss modernisiert werden, damit das Umdenken in Richtung mehr Regionalität auch in die Anwendung kommt. In all diesen Punkten ist sich das politische Quartett einig.

Zum Schluss brachte Günter Schubert die „Baupreise und KfW-Förderung“ mit „Engelszunge“ ins Gespräch. Zimmerer und Bauherren brauchen zuverlässige Rahmenbedingungen. Schon jetzt, so Schubert, zeichnen sich erste Stornos von Grundstückskäufen auf Seiten der Bauträger ab. Nach Ansicht aller Handwerker, so Kreishandwerksmeister Kuttenlochner, sollte die Politik handeln, bevor es im nächsten Jahr zu massiven Einbrüchen bei der Baukonjunktur kommt. Konkretes gab es dazu nicht zu hören.

Letzter Punkt war die E-Mobilität beim „gewerblichen Fuhrpark“. Aiwanger erteilte dem vorzeitigen Aus des Diesels eine Absage. Schönberger fordert eine Ausweitung des ÖPNV und eine deutliche Verlagerung des Transportverkehrs auf die Schiene, damit der handwerkliche Berufsverkehr in den Ballungszentren besser vorankommt. Kuttenlochner sieht in der Intensivierung der E-Mobilität eine zunehmende Ausbeutung der Dritten Welt, weil deren Rohstoffe für Entwicklungen vor Ort benötigt werden. Dreier zeigt sich dem Wasserstoffantrieb gegenüber offen: „Da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen.“

Zum Ausklang der Veranstaltung lud die Zimmer-Innung zum ausgiebigen Abendessen ein. So vertieften sich die Gespräche an den einzelnen Tischen. Als Dankeschön fürs Kommen und die offenen Gespräche überreichte der Innungsvorstand stellvertretend für seine Mitglieder den Politikern je einen „Großen Zunfthumpen“. Geschmeidige Gesichter waren der Beleg für eine durchwegs gelungene Veranstaltung.

 

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